„Wir haben sichtbaren Beton ausgeschrieben nun schauen Sie sich das Ergebnis an!“

Solche oder ähnliche Kommentare sind keine Seltenheit, wenn der Sichtbeton nicht in der Form aus der Schalung kommt wie gewünscht und geplant. Der im Entwurf entwickelte, häufig künstlerische Anspruch von Bauherrn und Architekten wird nicht erfüllt, dabei hat der Rohbauer ein normgerechtes Ergebnis geliefert. Diese Diskrepanz zwischen technischen Kriterien und ästhetischer Ambition ist zentraler Konfliktpunkt bei der Herstellung von Sichtbetonflächen und -objekten.

Die technischen Aspekte sind vom Deutschen Beton- und Bautechnik-Verein im „Merkblatt Sichtbeton“ und den Bundesverband der deutschen Zementindustrie e. V. „Merkblatt Sichtbeton“ ausführlich definiert worden. Wenn auch die hierin beschriebenen Systematisierungen und Klassifizierungen nicht verbindlich sind, so liefern sie de facto aktuell den einzigen offiziellen Definitionsmaßstab bei der Herstellung von Sichtbeton. Die hier definierten Sichtbetonklassen (SB1 bis SB4) dienen generell als Grundlage bei der Ausschreibung, Planung und Durchführung von Sichtbetonflächen.

Als architektonisches Gestaltungsmittel hat Sichtbeton natürlich auch eine starke ästethische Dimension. Geschmacksurteile bleiben meist als letztes Bewertungskriterium zurück, wenn alle technischen Anforderungen als erfüllt erklärt wurden. Die Vorstellungen des Planers bzw. Bauherren sowie des ausführenden Betonbauers gehen hier häufig auseinander, was regelmäßig zu Streitigkeiten, diversen Gutachten und nicht zuletzt juristischen Auseinandersetzungen führt.

Planer setzen zunehmend nicht nur flächige Gestaltungen unter Berücksichtigung von statischen und baulichen Eigenschaften um, sondern beziehen immer mehr auch künstlerische Aspekte wie Farbe, Schalbild, Anordnung der Ankerkonen, Oberflächenbeschaffenheit etc. mit ein. Dennoch bleibt es meist für den Ausführenden schwer zu bewerten, welche Oberfläche in welcher Qualität vom Planer, Architekten oder Bauherren gewünscht wird.